Geschrieben von Klaus Dobrunz.
Es gibt Texte, die sich direkt auf Werke oder Werkgruppen beziehen und Texte, die allgemeiner gehalten sind.
SeeStücke
Seetext
See Stücke - Zuerst denke ich an Wasser, viel Wasser, der Geruch, das Schreien der Möwen. Vor mir kann ich es sehen. Vom Horizont begrenzt möchte ich über die Linie gucken und möchte auch nicht, denn es ist gewaltig - Das Meer
Nein ich lasse mich nicht hineinziehen, drehe mich, spüre den Sand unter meinen Füssen. Ich laufe, weiter und immer weiter, links die Dünen und rechts das Meer. Er will nicht enden - Der Strand.
Und doch - wie eine gezackte Linie taucht sie auf dort vor meinem Auge, einem Gebirge gleich. Nur noch kurze Zeit, denke ich, aber sie zieht sich, die Zeit wird lang und länger. Endlich der Sand wird Asphalt, sie ist erreicht - Die Hafenstadt.
Über die Straßen, entlang der Kais und durch Häuserschluchten zwänge ich mich hin zum Hafenviertel. Durstig und Hungrig, voller Verlangen erhoffe ich sie. Es riecht nach Fisch und Tang und sie haben gewartet, meine See Stücke - Anemone, Angelika, Jutta, …
Kunst, die nicht provoziert, ist Dekoration
Provotext
Ein Dialog im Internet (zum Schutz der Personen wurden die Namen geändert.)
Achim schrieb: 'Kunst, die nicht provoziert, ist Dekoration.'
Ralf antwortete: 'Würde ich so pauschal nicht unterschreiben wollen ...'
Achim weiter: 'Dekoration ist aus meiner Sicht auch Kunst.'
Irene bemerkt: 'Damit ist alles egal.'
Roland (ein Kunstmuseumsdirektor): 'Kunst stellt vor allem Fragen, ob diese dann provozieren, liegt im Auge des Betrachters ...'
Ich schalte mich ein: 'Als ich noch in Düsseldorf studierte hat einmal eine Professorin, die damals schon seit vielen Jahren eine international erfolgreiche und anerkannte Künstlerin war, während eines Akademierundgangs zu einer dort ausgestellten Arbeit gesagt: 'Was hat das denn mit Kunst zu tun?'
Dieses Werk war eindeutig dekorativ. Die Professorin weigerte sich den Raum in der das Werk ausgestellt war zu betreten und somit nicht Ihrer Pflicht als Jurorin nachzukommen. Sie war offensichtlich erheblich provoziert. Ist diese dekorative Arbeit jetzt doch Kunst? Nach der obigen Definition kann sie ja nicht beides sein.
Was ist, wenn plötzlich ein Kunstwerk auftaucht das eine Antwort gibt? Darf das sowas? Ist das Werk dann keine Kunst, weil es ja keine Frage stellt?
Wir sollten doch mittlerweile weit drüber hinaus sein zu versuchen die Kunst in Schachteln zu stecken und festzunageln. Wir wissen doch seit langem aus der Kunsthistorie, das die Kunst, zumindest die freie Kunst, sich immer wieder daraus befreit. Damit ist aber noch lange nicht alles egal. Es kommt vielmehr darauf an, das einzelne Werk zu betrachten und nach seinen Qualitäten, den Umständen und Zusammenhängen zu befragen, zu beurteilen und/oder zu empfinden.
Die Kunst in Ihrem vollen Umfang ist viel zu komplex, als das man sie per Definition über einen Kamm scheren kann, schon gar nicht in einem Satz. Das ist zugegebener Maßen sehr bequem, denn man muss sich nicht mehr bemühen um jene Kunstwerke, die nicht ins Schema passen. Allerdings wird man in gewissen Positionen dem Anspruch, den das Amt stellt, nicht mehr gerecht.
Kunstwerke, die einmal provokant waren, sind schnell zum Statussymbol geworden. Sie dekorieren nun jene, die es sich leisten können viel Geld für ihr Image auszugeben. Hier wird Provokation zur Dekoration. Provokation an sich sagt noch nichts über die Höhe der Qualität eines Kunstwerkes aus. Dekoration an sich will auch gar nichts anderes sein als Dekoration, jedoch kann die Dekoration ebenso für die Kunst eingesetzt werden wie die Provokation.'
Irene schließt ab: 'Danke für Ihren Beitrag Herr Dobrunz'
Warum Kunst ?
Warumtext
Über den Sinn von Kunst
Der Kunstbegriff hat sich während seiner Existenz laufend verändert, deshalb will ich hier nur auf ein paar Aspekte eingehen, die für uns heute die Kunst sinnvoll erscheinen lassen.
Nicht selten ist die Kunst Anlass zur Diskussion, insbesondere auch zu gesellschaftspolitischen Fragen.
Kunst trägt als Bestandteil der Kultur zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei und ist für diese ein wesentlicher Identifikationsfaktor.
Kunst hat immer auch einen Informationsgehalt und ist aus der Bildung insbesondere der kulturellen Bildung nicht wegzudenken. Kunst trägt zur Persönlichkeitsentwicklung bei und fördert die soziale Kompetenz. Kreativität (Problemlösungskompetenz) wird unbestritten mit der Kunst verbunden. Sie hat nachweislich einen positiven Einfluss auf das Lernen und ist das Fach für die ästhetische Erziehung. Kunst ist in jedem Fall Nachwuchsförderung.
Menschen wollen bevorzugt an Orten leben, an denen Kunst produziert wird, sie wollen teilhaben an kultureller Produktion. Kunst ist das Experimentierfeld schlechthin und macht zudem noch Spaß, unterhält, schärft die Sinne und Gedanken. Für viele Menschen ist die Kunst ein Ausgleich zum Alltag.
Kunst ist ein Faktor zur Integration, sie erreicht bildungsferne Schichten, andere Kulturen und Religionen.
Kunst ist ein Wirtschaftsfaktor und bringt Arbeitsplätze. Aus der Kunst erwächst Vielfalt, Vielfalt wie der Einzelne einzigartig ist.
Kunst erzeugt Lebensqualität und Essenz. „Die dritte Haut der Wohnung gut einzurichten ist fast so wichtig wie die zweite Haut der Kleidung optimal auszugestalten.“ (Thomas Rusche in der Galerie Hoffmann in Wiedenbrück am 17.11.2013)
„Die Kunst hilft aus dem Hamsterrad der Routine zu kommen“
Kunst ist ein Standortfaktor. Viele Städte schmücken sich mit der Kunst in Ihrer Stadt, mit den Museen, den Theatern, den Musikveranstaltungen, den Galerien und den Künstlerateliers. Sie werden im Stadtmarketing nicht verschwiegen. Für potentielle Neubürger ist das kulturelle Umfeld ihres Lebensraumes mitentscheidend für einen Ortswechsel.
Grenzfall
Grenztext
Warum nicht nichts? Wir müssten uns nicht umbringen, wenn alles an das wir glauben nicht existieren würde.
Wir dürfen großzügig zu einander sein. Es ist ein tolles Gefühl großzügig behandelt zu werden, es ist ein großartiges Gefühl großzügig zu handeln. Wenn ich das bekomme, was ich brauche, fällt es mir leicht dem Anderen zu geben. Jeder, der nicht mehr gepresst wird, kann seinerseits aufhören Andere bis zum “Geht nicht mehr” zu drücken.
Alles was wir tun, könnten wir auch lassen und alles was wir lassen, könnten wir tun.
Der Hunger setzt uns in Bewegung, doch was treibt uns an wenn wir satt sind? Mit vollem Bauch könnten wir gelassen sein.
Gehe ich durch die Stadt, gibt es dort viele Fremde, doch jeder von ihnen könnte mein bekannter sein. Vieles was wir tut begreife ich nicht, wenngleich ich es mir erklären kann. Die Welt könnte so einfach sein. Ein Paradox ist ein scheinbarer oder tatsächlicher Wiederspruch. Wir handeln so, obwohl wir wissen, dass es anders herum besser wäre.
Gold und Kunst
Goldtext
Was habe ich in der Hand, wenn ich einen Goldklumpen in der Hand halte? Nicht viel! Aber er ist wertvoll, er verkörpert unter Umständen mein ganzes Vermögen. Nur was kann ich damit machen? Ich kann ihn nicht essen und im Winter hält er mich nicht warm. Ich kann ihn auf den Schreibtisch stellen und ihn angucken. Oder ich schließe ihn im Safe ein. Aber da kann ich ihn ja noch nicht einmal sehen. Ich könnte das Gold einschmelzen und daraus eine Skulptur gießen. Diese stelle ich dann wiederum auf meinen Schreibtisch. Oder ich mache daraus Schmuck und hänge es mir um den Hals
Oder ich tausche den Goldklumpen gegen Geld und kaufe mir davon viele Baumstämme und eine Unmenge an Glasperlen und Muscheln. Aus den Baumstämmen mache ich Skulpturen die für ein ganzes Museum reichen und aus den Glasperlen und Muscheln stelle ich Halsketten her. Die Holzskulpturen und die Glasperlen-Muschelketten kann ich auch nicht essen, allerdings kann ich mit den Holzskulpturen den Winter über heizen. In jedem Fall hätte ich mehr als nur den Klumpen in der Hand.
Warum aber ist der Goldklumpen so wertvoll? Weil ihn viele haben wollen! Aber warum wollen ihn viele haben? Weil ihn viele haben wollen und das schon seit mehreren Tausend Jahren.
Die Monalisa ist auch sehr wertvoll, aber warum? Weil ich sie hier erwähne! Ich kenne Porträts, die ich für sehr viel spannender halte als die Monalisa. Diese erhalten von mir eine höhere Wertschätzung als die Monalisa. Doch da ich diese hier nicht erwähne, werden sie auch nicht so berühmt wie die Monalisa und somit nicht so hoch gehandelt. Beide, die nicht erwähnten Portraits und die Monalisa, bestehen jeweils aus getrockneter Farbe auf einem Malgrund, einem Stückchen Materie an der Wand, ähnlich wie dem Klumpen in der Hand.
Die Materie Gold ist auch sehr berühmt. Es ist kaum vorstellbar, dass ein erwachsener gesunder Mensch auf dieser Welt noch nichts vom Material Gold und dessen Wert gehört hat. Wenn ich ein Portrait male, wissen erst nur wenige Menschen davon, es ist nicht sofort berühmt. Deshalb ist der Wert geringer als der des Goldes oder der Monalisa.
Der Wert einer Sache ist abhängig von der Berühmtheit und der Anerkennung. Die Qualität spielt eine untergeordnete Rolle. In dem Wort „Anerkennung“ steckt das Werb „kennen/erkennen“. Wenn ich etwas kenne, kann ich es einschätzen, also dessen Wert bestimmen. Besitze ich keine Kenntnisse, kann ich mich am allgemeinen Urteil orientieren. Meine Entscheidung wird sich also am Grad der Berühmtheit orientieren, also an dem, was andere empfehlen, die ihre Erkenntnis wiederum aus den Empfehlungen anderer haben und so fortlaufend in dieser Kette.
Bleibt noch die Möglichkeit einen Experten zu fragen, doch wer garantiert mir, ob dieser Experte aus zum Beispiel Gründen der Bequemlichkeit nicht auch nur Urteile anderer übernimmt, welche wiederum Ihrerseits Zitate als Urteile verbreiten. Es ist wahrscheinlich, dass eine Reihe von Experten auch nur an einer Art Berühmtheitskette hängen. In beiden Fällen wird man Ihnen nicht die hochqualitativen und spannenden, hier nicht genannten Portraits empfehlen, sondern die überbewertete Monalisa.
Die „Junge Kunst“, die „Zeitgenössische Kunst“ oder auch „contemporary art“ genannt, ist jene Kunst, die gerade jetzt passiert, mitten unter uns. Lebende Mitmenschen arbeiten daran und versuchen von dieser Arbeit zu existieren. Sie leisten einen wertvollen Beitrag auch für die Gesellschaft und unsere Kultur, (siehe den Text „Warum Kunst“) die Anerkennung jedoch bleibt Ihnen oft versagt. An dieser Stelle muss eine Aufforderung erfolgen: Schaut hin, erkennt was dort geleistet wird für Euch, Eure Kinder, Enkel, Urenkel usw., erkennt die Werte!
Eine verhängnisvolle Entwicklung zeichnet sich ab. Ich meine eine Tendenz wahr zu nehmen, die mich beunruhigt. Mehr und mehr Mittel sammeln sich bei immer weniger Protagonisten. Diese wiederum gelangen zu noch größerer Macht und Popularität, woraus eine wachsende Möglichkeit der Beeinflussung entsteht. Die Einflussnahme wird genutzt um noch mehr Mittel abzuschöpfen. Am Horizont ist deutlich die Entwicklung dieser verhängnisvollen Spirale zu lokalisieren. Der Basis werden die Mittel entzogen.
Wenn wir noch lange versuchen so zu tun als wäre alles in Ordnung, ist es vielleicht bald zu spät den Fokus zu verändern. Galerien, die lange im Kunstmarkt tätig gewesen sind stellen ihre Galerietätigkeit ein und widmen sich dem Kunsthandel, weil die Klassiker und die Berühmtheiten als Geldanlage gut zu verkaufen sind.
Ein Künstler, der einen Tag lang arbeitet, entwickelt neue Ideen. Ein Künstler, der am Tag seinem Brotjob nachkommen muss, dem bleibt nicht mehr viel Kraft. Monotonie in der Kunst-/Kulturszene ist die Folge. Die Zivilisation verdorrt. Wir verschwenden enormeres Kreativpotential und verlieren dabei alle.
Luft, Liebe, Leidenschaft und Idealismus reichen nicht um beim Bäcker einzukaufen und das Atelier zu beheizen.
Ohne Aussicht auf Rendite darf der Kunstkauf sein, ähnlich einer Urlaubsreise von der man in der Regel nicht reicher wieder kommt, trägt man doch etwas mit sich.
Anders ausgedrückt: Bevor Sie den Klumpen Gold in Ihrer Hand noch dreimal umdrehen, leihen Sie Ihn uns Künstlern. Wir tauschen ihn um gegen u.a. Baumstämme, Farbe und Leinwand und machen Kunst daraus – viel Kunst! So haben wir alle mehr davon. So erhalten wir Mehrwert.